Customer Centricity ist kein wirklich neues Konzept im Marketing. Dennoch sind viele Unternehmen weit davon entfernt, den Kunden in den Mittelpunkt ihres Geschäftsgebarens zu stellen. Das ist nicht nur eine gute Idee, sondern unabdingbar, um dauerhaft und nachhaltig konkurrenzfähig zu sein.
Wenn die kostspielige, innovative Marketing Kampagne nicht wie geplant einschlägt, die Reichweite vor sich hindümpelt, die Absprungrate trotz diverser Massnahmen auf hohem Niveau stagniert oder man kaum Resonanz auf interaktive Angebote erhält, ist die Enttäuschung verständlicherweise gross.
Umso wichtiger, die eigene Marketingstrategie bezüglich ihrer Kundenzentrierung zu bewerten. Für alle B2B Unternehmen, welche den Vertrieb für den Nabel der Welt halten, gilt: Wer den Kunden nicht ehrt, ist den Taler nicht wert.
CYBEX, ein Hersteller von Kinderwagen, stand vor der Herausforderung, sich gegen das Angebot der Konkurrenz durchzusetzen, um den eigenen Marktanteil zu konsolidieren. Das Unternehmen gab bei einem Softwarehersteller einen Premium Konfigurator in Auftrag, der Kunden maximale Individualität beim Entwurf ihres Kinderwagens ermöglicht und den Kauf zum Design Erlebnis macht.
Damit traf das Unternehmen offenbar einen Nerv. Die Vorfreude auf das Elternwerden gepaart mit dem besonderen Mehrwert durch das höchst individuelle Erlebnis und ein einzigartiges Design steigerten Bekanntheit und Beliebtheit der Marke. Das Alleinstellungsmerkmal verhalf CYBEX dabei, seine Marktanteile zu erweitern und zu konsolidieren.
Der Kinderwagenhersteller bildet keine Ausnahme. Etliche kleine und mittelständische Unternehmen, aber auch internationale Konzerne stellen einen Trend fest, welcher Kundenwünsche deutlich schwerer gewichtet als früher. Customer Centricity im B2B Kontext ist aufgrund des hohen Erklärungs- und Beratungsbedarfs der Produkte herausfordernder als im B2C. Das grosszügige Angebot sowie unkomplizierte und zeitnah verfügbare Alternativen haben die Ansprüche von Kunden steigen lassen.
Die Frage nach der Kundenzentriertheit lautet deshalb nicht ob, sondern wann.
In einer schnelllebigen Zeit mit einem Überfluss an Angeboten hat der Kunde die Wahl. Von dieser macht er auch Gebrauch, beispielsweise wenn er sich von Massenmails abgefertigt fühlt, unzufrieden mit den Konditionen ist oder bei der Konkurrenz einfach alles schneller, unkomplizierter und persönlicher vonstatten geht.
Bei kundenzentrierten Unternehmensstrategien beginnt die Wertschöpfungskette beim Kunden. Seine Wünsche, Probleme und Erwartungen und nicht etwa das Produkt bilden den Ausgangspunkt aller Marketingmassnahmen.
Wonach sehnt der Kunde sich?
Wie fühlt er sich angesichts eines umständlichen Problems?
Wie kannst du sein Leben noch einfacher machen?
Diese Merkmale sind nicht statisch, sondern dynamisch und variieren in Abhängigkeit der Kaufphase, in welcher der Kunde sich gerade befindet. Der Sales Funnel ist ein kundenzentriertes Marketingmodell zur Abstimmung der Marketingmassnahmen hinsichtlich der Phasen dieses „Verkaufstrichters“.
Ein Kunde, der ein bestimmtes Produkt bereits erworben hat, wird von einer weiteren Werbemail für selbiges eher genervt sein. Umgekehrt entscheidet sich ein potenzieller Käufer vielleicht für einen anderen Anbieter, der ihm früher umfassende und professionelle Beratung (z. B. in Form eines Whitepapers) zuteilwerden lässt.
Die schnelllebige Zeit mit kurzen Produktlebenszyklen bedingt eine hohe Kundenfluktuation, der es strategisch zu begegnen gilt, wenn man nicht durch eine innovativere oder kundenorientiertere Konkurrenz verdrängt werden möchte.
Oberste Priorität ist, Kundenwünsche in Abhängigkeit der Kaufphase zu berücksichtigen, eine möglichst personalisierte Kommunikation zu pflegen, individuelle Angebote zu unterbreiten und in jeglicher Hinsicht einen Mehrwert für den Kunden zu schaffen.
So stärkt man die Kundenbindung und verlängert die Kundenlebensdauer. Stärken können zum Alleinstellungsmerkmal ausgebaut werden und bei geschickter Umsetzung und Nischenposition sogar das Marktmonopol zur Folge haben. Im Zentrum aller Bemühungen steht stets die Kundenzufriedenheit.
Der kundenzentrierte Ansatz wird nun dann Früchte tragen, wenn er ganzheitlich in allen Unternehmensbereichen implementiert wird. Das ausgefeilteste Marketingkonzept wird keinerlei Auswirkungen zeigen, wenn nicht auch Vertrieb, Kundendienst und Andere die Grundsätze der Customer Centricity verinnerlicht haben.
In der Theorie bildet Customer Centricity die Schnittstelle aus drei Teilbereichen:
Der Customer Value bezeichnet den Kundennutzen. Dies kann die Lösung eines Problems oder die Vereinfachung bestimmter Prozesse beinhalten.
Der Customer Lifecycle bezeichnet die verschiedenen Phasen im Sales Funnel.
Die Customer Experience bezeichnet die Erfahrungen, welche der Kunde während des Kaufprozesses an allen Touchpoints macht. Möglichst zahlreiche positive Kundenerfahrungen wirken sich positiv auf die Kundenbindung aus.
Alle drei Bereiche müssen harmonieren, um den Kunden auf seiner Customer Journey zu begleiten. Dazu sind die Identifikation und Analyse aller Touchpoints erforderlich.
Kundenzentrierung umsetzen
Die Strategie muss immanenter Teil der Corporate Identity werden und von jedem einzelnen Angestellten verinnerlicht und gelebt werden. Für die erfolgreiche Implementierung der Kundenzentrierung im eigenen Unternehmen ist ein Perspektivwechsel unabdingbar. Statt wie bisher aus einer Inside-Out-Perspektive zu agieren, erfolgen alle Entscheidungen aus der Outside-In-Perspektive. Die Umstrukturierung sämtlicher Abläufe benötigt Zeit, bis der Perspektivwechsel sich konsequent auf alle Unternehmensprozesse erstreckt.
Konkrete Guidelines helfen bei der ganzheitlichen Umsetzung und Verankerung der neuen Strategie von der Management-Ebene bis zum einfachen Arbeiter.
Grundvoraussetzung für Kundenzentriertheit sind ausreichend detaillierte und spezifische Daten. Variablen erfassen die Wünsche, Probleme und den Informationsbedarf von Kunden, aber auch demografische Merkmale wie das Alter, den Wohnort, bisheriges Kaufverhalten oder Einkommensklasse.
Die Daten entstammen dem unternehmenseigenen CMS (Customer Management System), sozialen Medien, Kundeninterviews oder dem Tracking via Cookies. Integrative Lösungen beinhalten Apps zur Erstellung von Buyer Personas, einem Werkzeug der Kundensegmentierung. Weitere Ansätze sind die Lean Startup Methode oder Value Proposition Canvas. Sie gestatten eine gezielte Kundenansprache unter genauer Berücksichtigung seiner individuellen Situation.
In einem KPI Dashboard können strategische Fragestellungen mit wichtigen Kennzahlen übersichtlich analysiert, aufbereitet und visuell dargestellt werden. So lassen sich beispielsweise ausschliesslich die Käufe von Neukunden oder der Erfolg bestimmter Marketingmassnahmen untersuchen. Erfolge und Misserfolge werden messbar gemacht und dienen als künftige Entscheidungsgrundlage für eine proaktive Gestaltung der Touchpoints.
Speziell im B2B Bereich ist Vertrauen unverzichtbar, um ein positives Kundenerlebnis und somit einen Kauf herbeizuführen. Nach der Strukturierung und Digitalisierung des gesammelten Wissens über den Kunden werden diese Erkenntnisse genutzt, um alle Touchpoints mit dem Kunden effizient, individuell und positiv zu gestalten.
Ein personalisiertes E-Mail-Marketing sorgt dafür, dass der Kunde sich individuell beraten statt abgefertigt fühlt. Die zur Verfügung gestellten Informationen passen zum jeweiligen Zeitpunkt der Customer Journey.
Die Beratung erfolgt stets kundenfokussiert, nicht produktorientiert.
Eine personalisierte Ansprache berücksichtigt die vom Kunden bevorzugten Kanäle bei der Kommunikation.
Ein lösungsorientiertes und kulantes Beschwerdemanagement gibt dem Kunden das Gefühl, an erster Stelle zu stehen.
Ein professionelles Content Marketing bereitet Informationen zielgruppengerecht und praktisch auf.
Ein unkomplizierter, flexibler und schneller Kaufprozess ist essenziell, um die Absprungrate möglichst gering zu halten.
Wer sich langfristig am Markt etablieren, seine Marktanteile konsolidieren, seine Kundenbindung erhöhen und die Kundenlebensdauer verlängern will, kommt nicht umhin Customer Centricity zum zentralen Dreh- und Angelpunkt des Unternehmens zu machen.